Alles nur ein Spiel

Doppeldeutig wie der Titel der Ausstellung kommen sie daher, die Bilder von Ulrike Leopold.
Alles – nur – ein – Spiel!, das bedeutet nicht: Das ganze Leben ist ein Quiz, gleichwohl haben die Bilder Ulrike Leopolds etwas mit Spielregeln oder auch Lebensregeln zu tun. Angelehnt und abgeguckt sind die Gesten, Posen und Haltungen allesamt aus dem Sport/Fußball. Darin spiegelt sich eine enorme Bandbreite menschlicher Emotionen, die Leopold auf gewohnt hiebfeste, treffende Weise mit Pinsel und Stift einfängt. Hier wie da, kommen ihre Bilder farblich frisch, in blassem Orange, zartem Hellblau oder auch einem Neongelb, immer umgeben von Schwarz- und Grautönen daher.
Inhaltlich gewichtig.
Die erste Begegnung ist dementsprechend leicht und flüssig, um anschließend mit Nachdruck auf das enge Beieinander von Belanglosem, Banalem, Exzessivem sowie Euphorie, Ekstase, Existentiellem, Freude, Trauer und Verlorensein hinzuweisen. Verkrampfte, niedergedrückte, aber auch fest umschlungene, sich in den Armen liegende Menschen, die trotz ihrer Gesichtslosigkeit als männlich zu interpretieren sind, bewegen sich über Leinwand und Papier. Teilweise sind diese Figuren so ineinander verknäult, dass nicht mehr sicher auszumachen ist, wem welches Körperteil gehört.

Die Intensität der Bilder bewirkt, dass wir als Betrachter_innen nicht leicht von ihnen loskommen und gerade dadurch immer wieder Neues entdecken dürfen. So beispielsweise kleine Gruppen von Menschen in den Hintergründen, die die Szene im Vordergrund in ihrem Ausdruck unterstützt oder karikiert, weil sie wirken, als würden sie Anteil nehmen oder wie Gecken die Szene beobachten, als wären sie eine Zuschauermenge, die von der Künstlerin als Kommentatoren bewusst ins Bild gesetzt wurden. Die Intimität der dargestellten Emotionen, die wir ansonsten gewohnt sind nicht öffentlich auszuleben oder zu sehen – es sein denn, wir sind Publikum oder Fan irgendeines Sportevents, explizit trifft dies wohl für Fußballstadien zu – hebt sich auf gewisse Weise wieder auf, weil die Emotionen in Ulrike Leopolds Bildern public werden und wir folglich Publikum und Voyeur zugleich.

Wir beobachten Stürze von Menschen, Aufspringen, Schattenwesen, Gebücktsein, Jubilieren, vibrierende Siegerposen u.v.m. Diese Szenen können wie ein Totentanz und gleichzeitig wie ein taumelnder Freudentanz wirken, jeweils in Abhängigkeit der Interpretation der Betrachter_innen, die ihren eigenen Sozialisationen und Erfahrungen folgen.

Am Ende sind wir geneigt den Gestrandeten oder Gebeugten leise „Mach weiter, steh auf!“ ins Ohr zu hauchen, um ihnen Mut zu machen oder uns dem Freudentaumel anderer anzuschließen.

Text: ©
Andrea Lühmann

Ausstellung ‚Alles nur ein Spiel‘  in der Kleinen Galerie, Bremen, 2011